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Verschleierungstaktik rund um die Reform

04.07.2016 11:24 Uhr
Verschleierungstaktik rund um die Reform
Der Vorstand des Landesverbandes der hessischen Fahrlehrer (v.l.n.r.): Frank Dreier, Helmut Schmidt und Lothar Topper
© Foto: Ulrich Lieber

Bei der Mitgliederversammlung in Hessen fanden die Referenten klare Worte zur Reform – mit Ausnahme der Vertreterin des Ministeriums.

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Im Landesverband der hessischen Fahrlehrer hat sich eine Menge getan. Dank einer neuen Satzung konnten neue Strukturen entwickelt werden, die den Verband für die Zukunft stärken sollen. Aus bislang 14 kleineren Regionen wurden nun fünf große Gebiete. „Der Vorteil ist, dass die Führerscheinstellen nun zu unseren Versammlungen kommen, denn sie erreichen mehr Fahrschulen“, wertete Lothar Toepper, Vorsitzender des Landesverbandes, dies auf der 69. Mitgliederversammlung in seinem Jahresbericht als guten und wichtigen Schritt.

Erfreulich sei auch der Anstieg der theoretischen Prüfungen, die zudem im Landesverband Hessen mit einer sehr guten Besteherquote einhergeht, die klar über dem Bundesdurchschnitt liegt.

Fahrlehrer sollen mitgestalten

 „Wer bucht, der zahlt“, lautet die neue Regelung für die organisatorische Abwicklung von Prüfungen und Begutachtungen von Personen. „Mit dieser Regelung können wir gut leben, denn wir glauben, dass sich die Buchungssituation damit deutlich verbessert.“ Es sei wichtig, diese Regelungen nun gemeinsam so zu gestalten, dass alle gut damit leben könnten. „Ich hoffe, dass Sie uns in den nächsten Wochen mitteilen, wo wir die Regeln modifizieren und verbessern können“, forderte Lothar Toepper die Fahrlehrer auf.

Reform des Fahrlehrerrechts

Die Reform des Fahrlehrerrechts bleibt weiterhin ein Mysterium, denn nach wie vor kommen nur ganz wenige Informationen darüber bei den Fahrlehrerverbänden an. „Es gibt eine Nachrichten- und Informationssperre seitens des Bundesverkehrsministeriums. Das ist eine andauernde Geheimniskrämerei. Unvollständige Informationen und Halbwahrheiten haben uns erreicht, das ist eine Verschleierungstaktik rund um die Reform“, kritisierte der Landesvorsitzende. Am 20. Juni sollte nun endlich ein ausgearbeiteter Entwurf vorgelegt werden, der mit den Verbänden am runden Tisch besprochen werden solle. Doch dieser wurde nun kurzfristig per Email wieder abgesagt. „Der Herr Minister habe noch kein grünes Licht für dieses Gespräch gegeben, lautete die Begründung.“ Ein neuer Termin sei noch nicht möglich.

Ideen der Fahrlehrerverbände seien bislang in einem „schwarzen Loch“ verschwunden, und der Umgang mit den hart erarbeiteten Vorschlägen sei „extrem ärgerlich“. „Das Fachwissen des Berufsstandes ist nicht gefragt“, bedauerte Toepper, und so werde über die Köpfe der Fahrlehrer hinweg regiert. „Aber die Mitgestaltung der Reform ist wichtig, denn nur so kann sie gelingen.“

Gültigkeit der Führerscheine

In ihrem Grußwort am frühen Morgen hatte Regierungsdirektorin Kirsten Happe noch davon gesprochen, dass man bei der Reform entscheidend vorangekommen sei. „Wir stehen kurz vor der Beteiligung der Öffentlichkeit“, erklärte sie und versicherte, dass die Reform die Branche zukunftsfähig machen soll. Im internen Teil der Mitgliederversammlung wollte sie jedoch nicht mehr auf die Reform eingehen, sondern brachte andere Themen zur Sprache, wie die Geltungsdauer der Fahrerlaubnisse der schweren Klassen - bislang bis zum 50. Lebensjahr. Künftig werde es so sein, dass die Fahrerlaubnisse der Klassen C1/ C1E, C/ CE und D/DE für fünf Jahre erteilt werden. „Das ist aus meiner Sicht eine echte Nummer“, bemerkte Kirsten Happe. „Da hat der Gesetzgeber schlicht und einfach gepennt.“

Geisterdiskussion ohne Fahrlehrerschaft

Peter Glowalla, stellvertretender Vorsitzender der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände, fand deutliche Worte zur Reform des Fahrlehrerrechts. „Es ist eine Geisterdiskussion, denn der Berufsstand ist ausgeschlossen worden. Bis heute gibt es keine Infos für uns.“ Er wisse zwar nicht genau, worüber diskutiert worden sei, aber er könne sagen, worüber nicht gesprochen wurde, und das seien vor allem Themen, die für die Zukunft des Fahrlehrerberufes sehr wichtig seien. So sei in der Reform nichts über Fahrerassistenzbasierte Ausbildungen und Prüfungen zu finden, es gebe nichts über teilautonomes Fahren, nichts über den möglichen Umgang mit Simulatoren, und die E-Mobilität werde zurückgestellt.

Glowalla beschäftigte sich mit dem „digitalen Zeitalter 4.0“ und warnte seine Berufskollegen davor, den Anschluss zu verlieren. Das gehe bei den Fahrassistenzsystemen los, die von den Autoherstellern mittlerweile im Paket verkauft werden. Viele verstehen diese Systeme nicht, und die Beschreibungen seien nicht nachzuvollziehen. „Wir haben hier Defizite, wir müssen uns damit befassen“, sagte Glowalla. Das teilautonome Fahren sei nichts anderes als das Zusammenschalten verschiedener Assistenzsysteme. „Weiterbildung ist wichtig, Fahrlehrer und Prüfer müssen das lernen. Wir müssen wieder die Technik entdecken und unsere Aufgabe finden.“ Viele Fahrlehrer seien der Meinung, dass es noch viele Jahre dauern würde und sie es bis zur Rente schaffen. Das sei eine schlimme Tendenz. „Wir müssen uns neu erfinden. Lehrer sein, heißt zwei Mal lernen.“

Fahrlehrer müssen am Ball bleiben

Diese Thematik hatte auch Dieter Müller von der BMW-Group bei seinem Grußwort schon angesprochen. „Die Zukunft bewegt uns alle. Brauchen wir noch Fahrlehrer, wenn das autonome Fahren kommt? Ich sage ja, denn es wird schwieriger. Wir und Sie müssen am Ball bleiben“, appellierte  er an die Fahrlehrer.

Andreas Anft, Vorstandsvorsitzender der Fahrlehrerversicherung, stellte die aktuellen Zahlen vor. „Wir haben keine Kunden, wir haben Mitglieder und sind einer der wenigen Versicherungsvereine, die es in Deutschland noch gibt“, sagte er nicht ohne Stolz. Der Trend gehe heute zu etwas größeren Fahrschulen, darum habe man nun zwar weniger Mitglieder, aber dafür mehr Verträge. Insgesamt sei somit das Beitragsaufkommen gestiegen und ein Gewinn von 600.000 Euro erwirtschaftet worden.

Wahlen zum Vorstand

Diplom-Ingenieur Uwe Hermann vom TÜV Hessen lobte die konstruktive Zusammenarbeit mit dem Verband und die stabilen Prüfergebnisse. Doch gerade diese Zusammenarbeit gefiel Aribert Kirch, Fahrlehrer aus Nordhessen, nicht. Er bemängelte, dass der TÜV einen Prüfraum gestrichen habe. „Wir haben Resolutionen geschrieben, aber der TÜV bewegt sich nicht. So kann man nicht mit uns und den Kunden umgehen. Darum stelle ich mich heute zur Wahl zum zweiten stellvertretenden Vorsitzenden“, erklärte Kirch. Amtsinhaber Frank Dreier stellte sich ebenfalls zur Wahl und sah den Verband im Gegensatz zu seinem Gegenkandidaten auf Augenhöhe mit dem TÜV. In der Abstimmung setzte sich Frank Dreier durch und wurde damit für vier Jahre wiedergewählt.

(Ulrich Lieber)

 

 

 

 

 

 

 

 

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