Das Kartellamt verwies in diesem Zusammenhang auf andere Studien, die ebenfalls zu dem Ergebnis gekommen waren, dass die Steuerentlastung überwiegend weitergegeben worden war. Der Tankrabatt galt vom 1. Juni bis 31. August. Er war gemeinsam mit dem 9-Euro-Ticket für drei Monate eingeführt worden, um Verbraucher angesichts hoher Energiepreise zu entlasten. Die Energiesteuer für Benzin war damals um knapp 30 Cent pro Liter, für Diesel um gut 14 Cent pro Liter gesenkt worden. Ob und wie weit diese Senkung an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben wurde, war intensiv diskutiert worden.
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte am Montag über den Zwischenbericht: "Wir haben viele Erkenntnisse gewonnen von der Beschaffung des Rohöls über Kosten und Gewinne in den Raffinerien bis zur Preisbildung und dem Vertrieb. Das ist eine exzellente Grundlage für weitere Untersuchungen."
Kein Anzeichen für Preisabsprachen
Mundt: "Wir sehen nach wie vor strukturelle Probleme im Markt, wie zum Beispiel die Tatsache, dass viele Gesellschaften vom Bohrloch bis zum Zapfhahn auf allen Ebenen der Wertschöpfungskette aktiv sind und dass eine hohe Markttransparenz auch auf der Raffinerie- und Großhandelsebene existiert. Nach geltender Rechtslage können wir aber nur einschreiten, wenn ein Anfangsverdacht auf ein kartellrechtswidriges Verhalten vorliegt. Dafür sind hohe Preise und hohe Unternehmensgewinne für sich genommen aber noch kein ausreichendes Indiz.“
Für Preisabsprachen der Mineralölgesellschaften untereinander gebe es bislang keine Anzeichen. Ein verbotener Missbrauch von Marktmacht kommt laut Bundeskartellamt nur dann in Betracht, wenn die Unternehmen tatsächlich marktbeherrschend sind, also keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt sind. Auf der Raffinerie- und Großhandelsebene gibt es eine Vielzahl von unterschiedlichen Playern. Ob eine gemeinsame Marktbeherrschung auf der Raffinerieebene in Betracht kommt, bedürfe noch weiterer Untersuchungen. Selbst wenn das Bundeskartellamt eine kartellrechtlich relevante Marktbeherrschung feststellen würde, wären die gesetzlichen Hürden für die Feststellung missbräuchlich überhöhter Preise außerordentlich hoch. So ist ein Preis nur dann kartellrechtlich missbräuchlich, wenn er gegenüber einem Preis, der sich bei wirksamem Wettbewerb eingestellt hätte, erheblich überhöht wäre. Das bedeutet, dass alle anderen den Preis beeinflussende Faktoren wie Kosten und krisenbedingte Knappheitseffekte erfasst und berücksichtigt werden müssen und eine vor Gericht belastbare Prognose eines niedrigeren (hypothetischen) Preises erstellt werden muss.
Ein maßgeblicher Faktor für die Preisentwicklung der vergangenen Monate könnten Knappheiten aufgrund der kriegs- und krisenbedingten Verwerfungen auf den Märkten sein. Wenn die Nachfrage nach raffinierten Kraftstoffen steigt, führe dies zu steigenden Preisen. Eine abschließende Bewertung dazu kann nach Angaben des Bundeskartellamts zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorgenommen werden. Der Zwischenbericht enthält aber eine umfassende Darstellung und Analyse wichtiger Faktoren, wie die Importe (unter anderem aus Russland) und Exporte von Kraftstoffen, die Entwicklung der weltweiten und nationalen Raffineriekapazitäten sowie regionalen Einflussfaktoren, wie Raffinerieausfällen und temporären Transportschwierigkeiten.
Ausblick und weiteres Vorgehen
Für diesen Zwischenbericht hat das Bundeskartellamt nach eigenen Angaben sämtliche in Deutschland im Bereich der Herstellung von Kraftstoffen in Raffinerien tätigen Unternehmen befragt. Im Anschluss an den Zwischenbericht sollen die Ermittlungen insbesondere auf die Wettbewerbsverhältnisse beim Absatz von Kraftstoffen auf der Großhandelsebene ausgedehnt werden. Die Auswertung werde sich weiterhin mit den möglichen Gründen für die Preisentwicklung befassen. Im Hinblick auf die kartellrechtliche Bewertung soll eine genauere Definition der relevanten sachlichen und räumlichen Märkte auf der Raffinerie- und Großhandelsebene eine zentrale Rolle spielen. Zudem kündigt das Bundeskartellamt an, auch die Untersuchung der konkreten Preisbildung fortzusetzen.