Schaulustige bei Unfällen gab es schon immer, ist aber mittlerweile zu einer großen Unsitte geworden. Seitdem es Handys mit Videofunktion gibt, scheinen die letzten Hemmschwellen gefallen zu sein, denn Unfallszenen werden nicht nur gefilmt, sondern auch noch ins Internet gestellt. Zudem behindern die Gaffer die Arbeiten der Polizei, der Feuerwehr und des Rettungsdienstes und zeigen oft wenig Einsicht, dass sie im Weg stehen. Die Feuerwehr Mainz hat genug davon und setzt mit der sogenannten „Gafferbox“ ein besonderes Zeichen.
„Achtung Schockfotos“ steht an den Hebeln in der Mitte der Box und wer es dennoch wagt, in die Gafferbox einzutreten, der wird mit Bildern konfrontiert, die nichts für schwache Nerven sind. Zerfetzte Körper, Hirn und Blut auf der Straße, verstreute Körperteile und Unfalltote sind zu sehen, Bilder, mit denen die Feuerwehr im Einsatzfall häufig zu tun hat. Wer die Gafferbox betritt, der wird aber auch gleichzeitig begafft, denn an den Wänden halten andere Gaffer ihre Handys hoch und filmen die Szenerie. So bekommt der Gaffer einen kleinen Eindruck davon, wie sich die Menschen fühlen müssen, die Opfer von Schaulustigen werden.
„Auslöser für dieses Projekt war ein Unfall auf der A60 im Juli 2016“, berichtet Mario Ambrosius, Pressesprecher der Mainzer Berufsfeuerwehr. Damals wurde ein 59-jähriger Lkw-Fahrer in seinem Wagen eingeklemmt und während zwei Ersthelfer versuchten, den Mann zu befreien, filmten zwei andere Männer mit ihren Handys die Rettungsversuche, ohne selbst mitzuhelfen. Der 59-Jährige verstarb noch an der Unfallstelle. „Gaffen ist kein neues Phänomen, doch durch die Smartphones hat das Ganze eine neue Dimension erreicht“, erklärt Ambrosius, der aufgrund dieses Unfalls die Aktion „Gafferbox“ initiierte.
Die Gafferbox war eigentlich als einmalige Aktion geplant, aber aufgrund der großen positiven Resonanz soll sie nun mit Hilfe des Fördervereins der Berufsfeuerwehr und des Stadtfeuerwehrverbandes Mainz für rund 4.000 Euro neu gestaltet werden. Zudem wurde die Aktion mit dem Verkehrssicherheitspreis des Forums Verkehrssicherheit Rheinland-Pfalz ausgezeichnet. (lie)