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Fahrlehrerausbildung im Kreuzverhör

22.11.2019 13:49 Uhr
Fahrlehrerausbildung im Kreuzverhör
Harry Bittner und Frank Dreier (v. l.) leiteten Workshop 3
© Foto: André Tillmann

Wie ist es um die Fahrlehrerausbildung nach der Reform bestellt? Um diese und weitere Fragen drehte sich der Workshop 3 des Symposiums „Zukunft Fahrschule“.

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„Zwei Jahre nach der Fahrlehrerrechtsreform ist ein guter Zeitpunkt, um die Fahrlehrerausbildung 2.0 zu bilanzieren und zu überlegen, wie es weitergehen kann.“ Mit diesen Worten leitete Frank Dreier, Vorsitzender des Landesverbands der Hessischen Fahrlehrer, die erste Runde des Workshops 3 des Symposiums „Zukunft Fahrschule“ in Göttingen ein. Gemeinsam mit Harry Bittner, Vorsitzender des Thüringer Fahrlehrerverbands, gab Dreier mit einem interaktiven Vortrag Impulse und moderierte die lebhaften Erfahrungsberichte der Kollegen – dabei erfüllten die Referenten ihrerseits die Qualitätskriterien für einen guten Theorieunterricht, indem sie unter anderem das Plenum mit einem interaktiven Präsentationstool (Slide Lizard) mit einbezogen. Zum Beispiel mit der Frage, wie viele Fahrschulen sofort einen Fahrlehrer einstellen würden (nicht repräsentatives Ergebnis: mehr als 70 Prozent; 36 Prozent sogar mehr als einen).

Fahrlehrerausbildung in der Einführungsphase

Nach einer Skizzierung des Ausbildungsplans überlegten die Moderatoren mit den Workshop-Teilnehmern, wie die vierwöchige Einführungsphase besser genutzt werden kann. Ein Ausbildungsfahrlehrer berichtete, dass er schon in der zweiten Hospitationswoche einen Anwärter eine Viertelstunde im Theorieunterricht referieren lässt, einfach damit dieser gleich zu Beginn „das Adrenalin spürt“. Auch andere Kollegen regten an, über das lediglich vorgeschriebene „Ansehen“ der theoretischen und praktischen Ausbildung hinauszugehen, indem man einen Anwärter beispielsweise im Büro in die Kundenberatung einbezieht: Welche Führerscheinklassen gibt es und welche benötigt der Kunde? Bittner empfahl, gleich zu Beginn der Ausbildung die vorhandene Fachliteratur (zum Beispiel das Workbook zur Fahrlehrerausbildung) einzusetzen. Das abschließende Resümee eines Leiters einer Fahrlehrerausbildungsstätte: „Der Sinn des Einführungsmonats wird von Jahr zu Jahr besser erfüllt.“

Hospitation bald im vierten Monat

Für die Ausgestaltung der Hospitation im fünften Monat, die ab dem neuen Ausbildungsplan (1. Januar 2020) im vierten stattfinden wird, empfahlen Bittner und Dreier, den Spieß umzudrehen: Der Fahrlehreranwärter solle die Unterrichtsführung des Ausbildungsfahrlehrers bewerten lassen. Dabei könne man auf die Vorgaben der pädagogisch-qualifizierten Fahrschulüberwachung zurückgreifen. Bittner: „Sie helfen aktiv dem Anwärter, das Erlernte in der Praxis anzuwenden und in sein späteres Arbeitsleben zu integrieren.“

Wie viele Unterrichtseinheiten die neue kompetenzorientierte Ausbildung zum Fahrlehrer der Klasse BE umfasst, beantworteten viele Teilnehmer per Online-Abstimmung falsch. Es sind nicht mehr wie früher 700, sondern 1.000 Einheiten à 45 Minuten. Moderator Bittner legte die sechs Kompetenzbereiche der Fahrlehrerausbildung 2.0 dar, die sich in fachliches Professionswissen (Verkehrsverhalten, Recht, Technik) und in pädagogisch-psychologisches, verkehrspädagogisches Fachwissen (Ausbilden, Erziehen, Beurteilen) einordnen lässt. Beim Kompetenzbegriff, stellte Frank Dreier klar, gehe es nicht so sehr darum, reine Wissensinhalte zu vermitteln. Kompetent ist der, der Fähigkeiten und Fertigkeiten hat oder erlernt, um bestimmte Probleme zu lösen und dies mit Motivation, Willenskraft und sozialen Fähigkeiten verbindet.

Was können Fahrlehrerausbildungsstätten leisten?

Harry Bittner, selbst Leiter des Verkehrsinstituts Altenburg, regte bei den Ausbildungsstätten an, dem Fahrlehreranwärter zu veranschaulichen, was in seiner Ausbildung auf ihn zukommt. Gemeinsam mit Christiane Jordan hatte er eine Lernlandkarte entwickelt, die dem Fahrlehreranwärter veranschaulicht, welche Kompetenzen er (noch) zu erwerben hat. Wenn ein Rahmenlehrplan lediglich tabellarisch dargestellt ist, versteht der Anwärter unter Umständen nicht, wie sehr die Kompetenzen miteinander verknüpfbar sind.

Wie können Ausbildungsfahrschulen darauf aufbauen?

Eine von vielen Anregungen des Moderatoren-Duos war, „das Lernpraktikum nicht einfach laufen zu lassen“, denn auch die Ausbildungsfahrschulen haben eine Ausbildungsverpflichtung. Dazu gehöre eine durchgängige Dokumentation der Tätigkeiten im Praktikum, zum Beispiel mit dem Berichtsheft „Dokumentation der Fahrlehrerausbildung“ der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände (BVF). Es sei ein Irrglaube, merkte Sabine Darjus, Vorsitzende des Fahrlehrerverbands Hamburg, an, dass das Berichtsheft nicht mehr geführt werden müsse, nur weil es im Fahrlehrerrecht nicht mehr vorkommt. Sie schilderte kurz einen Rechtsfall, in dem das Gericht der Überzeugung gewesen sei, dass auf Fahrschulen das Berufsbildungsgesetz anzuwenden sei. Dementsprechend seien sowohl von Auszubildendem als auch Ausbilder Nachweise zu führen.

Ein weiterer Ratschlag von Bittner und Dreier: Die Ausbildungsfahrschulen mögen doch die Qualitätskriterien für gute Unterrichte beherzigen. Die zwölf Qualitätskriterien für den Theorieunterricht und jene sieben für den praktischen Fahrunterricht sind in der Fahrlehrer-Ausbildungsverordnung zu finden.

Fazit

Zu guter Letzt sprachen Dreier und Bittner noch einige Wünsche aus. Die kompetenzorientierte Ausbildung der Anwärter solle vorangetrieben und optimiert werden, aber dann bitte auch schön (an die TP gerichtet) in absehbarer Zeit in den Fahrlehrerprüfungen abgefragt werden. Zudem sei ein neues Curriculum für die Fahrausbildung wünschenswert, eine baldige Veröffentlichung des Fahraufgabenkatalogs hingegen unerlässlich. Sie wünsche sich, ergänzte Sabine Darjus zum Abschluss, dass der Austausch zwischen Ausbildungsstätten und Fahrschulen noch intensiver werde.

(ms)

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