So mancher Autofahrer erhält nach seiner Rückkehr aus dem Italien-Urlaub zurzeit ein Mahnschreiben von Nivi Credit. Den Empfängern wird vorgeworfen, an den Mautstationen der italienischen Autobahnen die Gebühr nicht bezahlt zu haben. Betroffene werden aufgefordert, die offenen Mautschulden unverzüglich per Überweisung zu begleichen. Laut dem ACE Auto Club Europa handelt es sich dabei nicht um eine Betrugsmasche. Nivi Credit sei ein Inkassounternehmen aus Italien, das von den italienischen Autobahnbetreibern beauftragt wird, nicht bezahlte Mautgebühren bei den jeweiligen Fahrzeughaltern einzufordern. Das sei nach dem italienischen Recht erlaubt.
Das italienische Mautsystem ist grundsätzlich so konstruiert, dass die Gebühr direkt vor Ort bezahlt werden muss. Manchmal sind allerdings die Automaten defekt. Dann kann bei der Einfahrt auf die Autobahn beispielsweise keine Mautkarte gezogen werden. Immer wieder gibt es auch bei der bargeldlosen Bezahlung Probleme: Dann wird unter Umständen die Maut nicht abgebucht und trotzdem die Einfahrt gewährt. In solch einem Fall wird der Autofahrer mit einer Quittung über die Nichtbezahlung informiert. Der Betroffene muss die Gebühr dann innerhalb von 15 Tagen per Überweisung entrichten oder aber bei der nächsten Punto-Blu-Station bezahlen. Der Hinweis wird jedoch oft übersehen oder ignoriert. Auch bei Streiks des Mautpersonals sind die Schranken offen, die Fahrt ist dann jedoch nicht kostenlos, vielmehr muss der Reisende seine Maut nachentrichten.
Verjährung erst nach zehn Jahren
Der Autobahnbetreiber besitzt meist Aufzeichnungen, also beispielsweise ein Bild oder Video vom Fahrzeug, aus dem das Kennzeichen hervorgeht. Das entsprechende Kennzeichen gibt der Betreiber, gemeinsam mit einer Vollmacht, Forderungen beim Schuldner einzuziehen, an Nivi Credit weiter. Nivi Credit wiederum fragt die Halterdaten beim Kraftfahrt-Bundesamt an. Dass die Mahnung erst so spät kommt, ist laut ACE unter anderem der langen Bearbeitungszeit geschuldet. Trotz allem ist die Forderung nicht verjährt. Eine Verjährung tritt nach italienischem Recht erst nach zehn Jahren ein. Innerhalb dieser Frist geltend gemachte Ansprüche seien rechtens.
Was passiert, wenn nicht bezahlt wird?
Wird die Forderung nicht bezahlt, kann prinzipiell die Eintreibung dieser unter anderem mit dem Europäischen Zahlungsbefehl geltend gemacht werden, was aber mit großem Aufwand und insbesondere hohem Risiko für den Autobahnbetreiber verbunden ist. Und ob er sich schlussendlich dafür entscheidet, sei momentan schwer zu sagen – denn bisher liegen dem ACE dazu keine Fälle vor. Der Gesamtbetrag ist übrigens so hoch, obwohl die Mautgebühr oft nur wenige Euro beträgt, weil Nivi Credit für den Aufwand Mahn- und Bearbeitungsgebühren geltend macht. Für die Höhe solcher Gebühren gibt es keine Vorschriften. Es bleibt in einem Rahmen dem Inkassounternehmen überlassen.
Was Betroffene tun können
Wer – etwa nach Überprüfung seiner alten Kreditkartenabrechnungen – sicher ist, dass die Maut damals nicht bezahlt wurde, sollte sie umgehend nachentrichten. Dazu rät der ACE. Findet man jedoch Quittungen und Belege, sollte man eine Kopie an Nivi Credit schicken und sich darauf berufen, dass kein Zahlungs-Rückstand besteht. In allen anderen Fällen muss der Betroffene selbst entscheiden, ob er die relativ geringfügigen Beträge (ohne Mahn- und Bearbeitungsgebühren) nachentrichtet oder ob er es auf einen Rechtsstreit ankommen lässt. Wer nicht zahlt, gehe nur ein geringes Risiko ein. Da es sich um ein Nutzungsentgelt handelt, müsste Nivi Credit das zuständige Gericht bemühen und einen Prozess anstrengen. In einem solchen Rechtsstreit würden sich unter Umständen schwierige Fragen des internationalen Rechts stellen. Angesichts der geringen Streitwerte und des ungewissen Solvenzrisikos, wird Nivi Credit dieses Risiko nach Einschätzung des ACE kaum eingehen.
(ts)
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