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Fahrlehrerkongress: Automatisiertes Fahren und die Auswirkungen auf Ausbildung und Prüfung

15.11.2018 20:46 Uhr
Fahrlehrerkongress: Automatisiertes Fahren und die Auswirkungen auf Ausbildung und Prüfung
Die drei Referenten beantworteten Rückfragen aus dem Plenum zum Thema "Automatisiertes Fahren"
© Foto: Werner Kuhnle

Der zweite Workshop am Vortag des 7. Fahrlehrerkongresses stand unter dem Leitthema „Automatisiertes Fahren und die Auswirkungen auf Ausbildung und Prüfung“.

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Nach einer kurzen Begrüßung durch den 1. stellvertretenden Vorsitzenden der Bundesvereinigung (BVF) Kurt Bartels, der gleichzeitig Moderator des Arbeitskreises war, wurden die anwesenden Fahrlehrer durch ein Kurzreferat von Lutz Willkner, der bei der Volkswagen AG Leiter der Sparte Fahrzeugkonzepte „Autonomes Fahren“ ist, in das Thema aus Herstellersicht eingeführt. „Automatisiertes Fahren wird kommen, weil zu viele Menschen auf dieser Welt leben, die Globalisierung es fordert und Waren auf schnellem und einfachem Weg zu den Menschen kommen müssen“, stellte Willkner zu Beginn seines Vortrages klar.

Autonomes Fahren bestehe aus zwei Pfaden: dem sogenannten Ownership-Bereich, der auch Fahrschulen betrifft, und dem „Mobility-as-a-service“-Bereich. Weiter führte er aus, dass man beim automatisierten Fahren fünf verschiedene Levels unterscheide. Während die ersten beiden Level – Fahrerassistenz und Teilautomation – heute schon in den Fahrzeugen gang und gäbe seien, könne man mit Level drei erst in etwa zwei Jahren rechnen. Die Automation von Level eins und zwei nehme noch den Fahrer in die Pflicht: Er ist Verantwortlicher für und über das Fahrzeug. Ab Level drei soll das System in Teilen eigenständig diese Rolle übernehmen. Erst mit dem autonomen Fahrzeug auf Level fünf, bei dem der Mensch nicht mehr eingreifen kann und muss, sei das System vollständig ausgereift.

Bei einem Mischsystem, bei dem sowohl Mensch als auch Maschine Einfluss nehmen, können Fehler nicht gänzlich vermieden werden. Mit Autos, die vollkommen autonom fahren und damit den Beruf des Fahrlehrers unnütz machen würden, bräuchten die Anwesenden aber momentan noch nicht rechnen: „Ich gehe nicht davon aus, dass Sie fürchten müssen, dass es Ihren Berufstand in 25 bis 30 Jahren nicht mehr gibt“, erklärte Willkner mit der Begründung, dass sich autonome Fahrzeuge frühestens ab dem Jahr 2050, wahrscheinlich eher ab 2080 auf den Straßen bewegen werden. Bis dahin seien die dynamischen Entwicklungen, die die Fahrerassistenzsysteme mit sich bringen, eine große Chance für die Fahrlehrerschaft. Schließlich liege es an ihr, den Fahrschülern den Umgang mit Fahrassistenzsystemen zu lehren und ihnen auch klar die Grenzen der Systeme aufzuzeigen.

Arbeitsgemeinschaft Recht

Während Lutz Willkner den Fahrlehrern das Thema „Automatisiertes Fahren“ aus Herstellersicht darlegte, war es an Renate Bartelt-Lehrfeld, Ministerialrätin im BMVI, die aktuelle Lage aus Sicht der Politik aufzuzeigen. Sie berichtete von Arbeitsgemeinschaften, die die Bundesregierung zum Thema „Automatisiertes Fahren“ in der Vergangenheit ins Leben gerufen hatte. Die AG Recht, die auch die Fahrlehrerschaft betreffe, hatte sich vor allem mit der Analyse der aktuellen Situation und den Herausforderungen für die Zukunft, die automatisiertes Fahren mit sich bringt, beschäftigt. Wie Bartelt-Lehrfeld mitteilte, stand dabei zunächst die Führerscheinklasse B im Mittelpunkt. Später wurden die Überlegungen aber auch auf die Nutzfahrklasse ausgeweitet.

Mit den Worten „Wie soll ein Fahrer lernen, mit gefährlichen Situationen im Straßenverkehr umzugehen, wenn ihm dies in der Regel vom automatisierten System abgenommen wird?“ stärkte auch Bartelt-Lehrfeld den anwesenden Fahrlehrern den Rücken. Die Fahrlehrerschaft könne positiv und mit viel Selbstbewusstsein in die Zukunft blicken, denn das automatisierte Fahren führe dazu, dass künftig mehr Fahrschüler geschult werden müssten und sich so die Aufgabenfelder der Fahrlehrer zeitlich und inhaltlich anpassen müssten. Damit dies gelinge, arbeite das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur in Zukunft daran, einheitliche Ausbildungs- und Fortbildungskonzepte für Fahrlehrer zu entwickeln. Ein schneller Fortschritt in dieser Sache sei aber nicht zu erwarten, denn der Prozess dorthin werde sich noch lange hinziehen. Zuletzt sprach die Ministerialrätin dann noch einen Punkt an, der wohl viele Fahrlehrer bewegt: „Wir haben die Rückmeldung aus Brüssel, dass im kommenden Jahr die Automatikbeschränkung fallen soll.“

Technik besser als Mensch?

„Ist Technik tatsächlich besser als der Mensch?“ – Mit dieser eindrücklichen Fragestellung wandte sich Prof. Dr. Wolfgang Fastenmeier an das Plenum. Anschließend beleuchtete er die Thematik „automatisiertes Fahren“ auch Sicht eines Verkehrspsychologen. Für den Einsatz von Fahrerassistenzsystemen würden Kriterien wie die Verkehrssicherheit, die funktionale Systemsicherheit und die Mensch-Maschine-Interaktion sprechen. Trotzdem würde automatisiertes Fahren auch einige Probleme mit sich bringen. Dazu gehören laut Fastenmeier unter anderem die momentan noch weit verbreitete Reaktanz der Systeme. Des Weiteren nannte Fastenmeier auch den Kompetenzverlust der Fahrer oder aber das übertriebene Vertrauen in die Systeme.

In diesem Zusammenhang richtete Fastenmeier an Ministerialrätin Bartelt-Lehrfeld den Appell, künftig „nicht nur am grünen Tisch Entscheidungen zu treffen“, sondern die Probleme in der Praxis zu erfahren. Und auch die Fahrlehrerschaft nahm er mit den Worten „Wir brauchen nach wie vor die Ausbildung“ in die Verantwortung, denn die Grund- und Fahrfähigkeiten der Schüler müssten nach wie vor gelehrt werden. Die Ausbildung in automatisierten Fahrzeugen müsse dann allerdings verstärkt unter Aspekten wie dem Gefahrenbewusstsein um technische Bedingungen oder um eine erhöhte soziale Interaktion erweitert werden. Als Fazit gab Fastenmeier den Anwesenden mit auf den Weg, dass ihr Beruf in den kommenden 20 bis 30 Jahren zunehmend wichtiger werde, denn die Anforderungen an Fahrschüler würden mit dem automatisierten Fahren immer weiter steigen. Weil sich die Tätigkeitsfelder der Fahrlehrerschaft dadurch automatisch erweitern würden, müsse die Fahrlehrerausbildung künftig auf ein höheres Niveau gehoben werden.

"Zwei vor zwölf"

Nun lag es an Kurt Bartels, das Resümee des Workshops zu ziehen. „Für meine Begriffe ist es zwei vor zwölf, dass wir uns dem Thema „automatisiertes Fahren“ in der theoretischen und praktischen Ausbildung und Prüfung stellen müssen“, fasste er die Worte seiner Vorredner zusammen. Seit dem letzten Workshop im Jahr 2016 seien bereits weitere Schritt in die richtige Richtung wie die Anpassung des StVG mit den Paragrafen 1a und 1b vollzogen worden. Und auch wenn konkrete Ausbildungsinhalte in diesem Workshop nicht erarbeitet werden konnten, könne man festhalten, dass Fahrerassistenzsysteme für die Zukunft der Fahrlehrerschaft immer wichtiger werden. Dem stimmte auch ein Fahrlehrer aus dem Plenum zu: „Mit Blick in die Zukunft sollten wir offen für die neuen Techniken sein.“

(ts)

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