Das war im Fall passiert: Eine Fahrzeugkolonne fuhr auf einer Bundesstraße mit etwa 80 km/h. Ein BMW-Fahrer, der hinten in der Kolonne feststeckte, wollte bei guter Sicht und ohne entgegenkommenden Verkehr überholen. Eine Fahrerin weiter vorne scherte aber ebenfalls aus und stieß mit dem BMW zusammen. Dessen Fahrer wollte Schadenersatz von der Fahrerin, die seiner Ansicht nach den Unfall verursacht hatte.
Das Oberlandesgericht (OLG) München sah dies ähnlich: Die Fahrerin habe gegen Paragraf 5 Abs. 4 StVO verstoßen, also nicht so überholt, dass eine Gefährdung anderer ausgeschlossen sei. Der BMW-Fahrer trage eine Mitschuld von 20 Prozent, die sich aus dessen Betriebsgefahr ergebe, also aus dessen schlichter Teilnahme am Straßenverkehr.
Nicht verschuldensrelevant sei dagegen, betonte das OLG, dass er eine Kolonne überholt habe. Das sei grundsätzlich erst einmal erlaubt und stelle kein Überholen bei „unklarer Verkehrslage“ gemäß Paragraf 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO dar. „Unklar“ wird die Verkehrslage laut Gericht erst, wenn „weitere Umstände“ hinzutreten. Zum Beispiel: Fahrzeuge blinken in der Kolonne nach links oder werden langsamer. Ebenso könne eine durchgezogene Linie, die das Ausscheren verbiete, ein Anzeichen für eine unklare Verkehrslage sein.
Oberlandesgericht München
Aktenzeichen 10 U 4448/16
(tc)