Ein Lkw-Fahrer hielt am rechten Fahrbahnrand und schaltete das Warnblinklicht an. Daraufhin fuhr er rückwärts, um besser links in eine Straße abbiegen zu können. Eine Pkw-Fahrerin, die den Lkw überholen wollte, bemerkte den Lkw im Rückwärtsgang zu spät. Es kam zu einem Zusammenstoß.
Das OLG Thüringen sprach der Pkw-Fahrerin – anders als das LG Meiningen in der Vorinstanz – Schadenersatz zu. Der Lkw-Fahrer habe gegen Paragraf 9 Abs. 5 StVO verstoßen, indem er andere Verkehrsteilnehmer beim Rückwärtsfahren gefährdet sowie das Warnblinklicht „irreleitend“ verwendet habe. Außerdem sei seine – ohnehin schon größere – Betriebsgefahr durch das Rückwärtsfahren nochmal erhöht worden.
Die Klägerin war dagegen aus der Schusslinie. Sie habe alles richtig gemacht, entschied das OLG, insbesondere habe sie den Lkw überholen dürfen. Dagegen hätte eine „unklare Verkehrslage“ gemäß Paragraf 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO sprechen können, welche ein Überholverbot zur Folge gehabt hätte. Aber, begründete das Gericht seine Entscheidung, wer mit seinem Lkw am rechten Fahrbahnrand stehe und das Warnblinklicht einschalte, zeige dem nachfolgenden Verkehr an, dass er erst einmal stehen bleibe. Ein Überholverbot aufgrund unklarer Verkehrslage sei nicht gegeben gewesen.
Oberlandesgericht Thüringen
Aktenzeichen 1 U 622/16
(tc)