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Fahrlehrerkongress 2021: Auswirkungen OFSA II auf die theoretische und praktische Ausbildung

11.11.2021 13:30 Uhr | Lesezeit: 10 min
Fahrlehrerkongress 2021: Auswirkungen OFSA II auf die theoretische und praktische Ausbildung
Das Publikum im gut gefüllten Auditorium hörte den Erläuterungen zu OFSA II gebannt zu
© Foto: P. Chtarkova

Ein Workshop auf dem 8. Deutschen Fahrlehrerkongress beschäftigte sich mit den Erkenntnissen von OFSA II sowie den daraus resultierenden Auswirkungen auf die theoretische und praktische Ausbildung.

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Seit Jahrzehnten treibt hierzulande tausende Fahrlehrer die Frage um, wie man die Fahrschüler ideal auf den Alltag im Straßenverkehr vorbereiten und so aktiv zu mehr Verkehrssicherheit beitragen kann. Denn um den dynamischen Entwicklungen Rechnung zu tragen, müssen alle Elemente im Bildungssystem Fahranfängervorbereitung so aktuell und modern als möglich sein. Um die Fahrausbildung möglichst sinnvoll weiterzuentwickeln, wurde die Wissenschaft ins Boot geholt. Professor Dr. Dietmar Sturzbecher (Professor für Familien-, Jugend- und Bildungssoziologie an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam) informierte im theoretischen Teil des Workshops über den Stand der jahrelangen Forschungen und Datenerhebungen sowie die daraus resultierenden Weiterentwicklungen des Ausbildungskonzepts zur Optimierung der Fahrausbildung in Deutschland.

Nachholbedarf

Seit der letzten substanziellen Änderung im Jahr 1998 gab es zahlreiche Kritikpunkte, wie zum Beispiel die veralteten Inhalte, eine unzureichende Lernstandsbeurteilung oder eine fehlende Qualitätssicherung. OFSA I und OFSA II sollen diese und weitere Missstände aufdecken, überarbeiten und so dazu beitragen, die Ausbildung zu reformieren und die Fahranfängervorbereitung zu verbessern. In den Jahren 2012 und 2013 wagte OFSA I den Blick über den Tellerrand hinaus und analysierte die Fahrausbildung in 13 Ländern genauer. Dadurch kamen drei Punkte zum Vorschein, die hierzulande dringend überarbeitet werden müssen: Zum einen gibt es ein gewisses Defizit in der Schulung zur Verkehrswahrnehmung und Gefahrenvermeidung, des Weiteren muss mittels E-Learnings eine Lernzeitverlängerung stattfinden und auch im Thema Lernstandskontrolle muss der entstandene Rückstand dringend aufgeholt werden.

Genaue Analyse

Im Rahmen des Projekts OFSA II wurde von diesen Kenntnissen ausgehend der Frage nachgegangen, was auf dem Weg zu einer modernen Fahrausbildung in Deutschland fehlt. Erstmals wurde hierfür eine umfangreiche Studie betrieben, um eine Ist-Stands-Analyse der Fahrausbildung zu erstellen. Dabei kam es zu spannenden Erkenntnissen, wie der Tatsache, dass ein Großteil der Fahrschüler im Theorieunterricht nicht alles Inhaltsbereiche besuchte. Das wiederum beeinflusse, so Dr. Sturzbecher, fast automatisch den Prüfungserfolg bei der Theoretischen Fahrerlaubnisprüfung. Verstärkt wird dieser Missstand durch die Erkenntnis, dass rund acht Prozent der Fahrschüler zur Prüfung gehen, ohne jemals alle Übungsbogen bearbeitet zu haben – geschweige denn die dort gestellten Fragen korrekt beantworten zu können.

Neues Lernen

Ein weiterer Bestandteil von OFSA II ist auch das Vorlegen eines neuen Ausbildungskonzeptes. Hierbei muss auch das E-Learning eine wichtige Rolle spielen. Den größten wissenschaftlich messbaren Erfolg hat der Einsatz des E-Learnings in der sogenannten asynchronen Version, also dem „Lernen, wann und wo der Fahrschüler will“. So erreicht man zusätzlich zum Präsenzunterricht automatisch eine Lernzeitverlängerung und bei perfekter Verzahnung der beiden Lernmethoden eine ideale Vor- und Nachbereitung der Inhalte. Hier liege laut Sturzbecher die Zukunft der theoretischen Ausbildung. Das dies aber nur ein Teil der Reform sein kann, sieht man bei einem Blick auf die Architektur der neuen Fahrausbildung. Ausgehend von den wissenschaftlichen Erkenntnissen von OFSA II gab er den interessierten Fahrlehrern einen kurzen Einblick in das Ausbildungskonzept für die künftige Fahrausbildung der Klasse B. Der auf den ersten Blick etwas komplex wirkende Ausbildungsplan mit vier Lernbereichen und 28 Ausbildungseinheiten biete laut Sturzbecher eine hohe Flexibilität und damit die Chance, Fahranfänger optimal auf den Alltag im Straßenverkehr vorzubereiten. Dank der wissenschaftlichen Analyse sei es gelungen, alle Defizite der Fahrausbildung anzugehen und mit sinnvollen Anpassungen zu beheben.

Praktische Folgen

Wie diese theoretischen Optimierungsvorschläge in der Praxis der Fahrschulen ankommen können, skizzierte Gerhard von Bressensdorf (Präsident der Deutschen Fahrlehrer-Akademie e.V.) in seinem anschließenden Vortrag „Erste Überlegungen zur Umsetzung der neuen Anforderungen“. Nach einem Lob der tiefgreifenden und umfangreichen Studien ging von Bressensdrof in einigen praktischen Beispielen darauf ein, wie die Fahrausbildung künftig aussehen könnte. Zuvor betonte er allerdings die Notwendigkeit, dass die Ausbildung nur klappen könne, wenn Ausbilder und Auszubildende zusammenarbeiten. Vor allem die Fahrschüler seien durch das Prinzip der „Deliberate Practice“ (bewusstes Lernen) gezwungen, aus der Passivität zu entfliehen. Wer im Theorieunterricht seine volle Aufmerksamkeit investiere, Bereitschaft zeige, Grundlagen zu erlernen und seine Komfortzone verlasse, kann gemeinsam mit dem unmittelbaren Feedback des Ausbilders schneller Erfolge erzielen. Ebenso wichtig sei es nach von Bressensdorf, theoretische und praktische Ausbildung besser zu vernetzen.

Digitales Neuland

In seinem Vortrag betonte auch der Präsident der Deutschen Fahrlehrer-Akademie, dass E-Learning ein wichtiger Teil einer modernen Ausbildung sei. Gab aber zu bedenken, dass auch seine Fahrschüler im Allgäu teilweise unter der schlechten digitalen Infrastruktur leiden und oft schlichtweg kein Internet haben. Dabei wird vor allem das asynchrone E-Learning, also die selbstständige Vor- und Nachbereitung der Theorieeinheiten, künftig eine noch größere Rolle spielen. Doch auch die Aufgaben des Fahrlehrers werden sich weiter verändern. Der Weg führe immer weiter weg vom klassischen Instruktor hin zu einem Lernbegleiter, der durch Motivation, sofortiges Feedback und Unterstützung maßgeblich den Erfolg seiner Fahrschüler mitbestimme.

Moderne Medien

Nach einem Appell an die Lehrmittelverlage, die Fahrschüler durch ein möglichst attraktives Angebot im Streben nach einem hohen Maß an Sicherheit im Straßenverkehr zu unterstützen, zeigte von Bressensdorf, welche Vorteile der Einsatz von Computerprogrammen, Videos und Bildern vor allem im bei OFSA II betonten Bereich der Verkehrswahrnehmung und Gefahrenvermeidung hat. Anhand kurzer Sequenzen demonstrierte er dem gut gefüllten Auditorium im Berliner Hotel Estrel, wie man Fahranfängern vermitteln kann, dass sie beim Führen eines Pkw das „Sehen“ neu lernen müssen. Auch die blitzschnelle Bewertung von potenziellen Gefahren und die Unterscheidung zwischen wichtigen und unwichtigen Informationen im Verkehrsgeschehen kann durch digitale Inhalte hervorragend gelingen. Den maximalen Effekt haben die überarbeiteten Lehrmethoden, neue Ansätze und Ideen vor allem dann, wenn es möglichst viele Verknüpfungen zwischen der theoretischen Vorbereitung und der fahrpraktischen Ausbildung gebe. Dabei helfe unter anderem auch eine weitere Modernisierungsmaßnahme, eLBe.

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