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Selbstmanagement für Fahrlehrer

06.11.2014 09:00 Uhr
Selbstmanagement für Fahrlehrer
Deutschlands Organisationsexpertin, Cordula Nussbaum, gibt Fahrlehrern Tipps, wie sie ihren Alltag noch besser in den Griff bekommen
© Foto: Kreative Chaoten

Die Organisationsexpertin Cordula Nussbaum gibt im "Interview des Monats" Tipps, wie Fahrlehrer sich selber besser managen können.

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Frau Nussbaum, Fahrlehrer denken, sie müssen ein gutes Zeitmanager haben, um ihren Alltag bewältigen zu können – Sie hingegen sprechen lieber vom Selbstmanagement. Worin genau liegt der Unterschied?

Der Begriff Zeitmanagement hat sich eingebürgert und darunter kann sich jeder etwas vorstellen. In den Köpfen steckt häufig drin: ,Ich brauche ein gutes Zeitmanagement, um die Aufgaben, die ich mir vorgenommen habe, auch erfüllen zu können.‘ Ich muss mich besser organisieren und effizienter werden, um in kürzerer Zeit mehr zu schaffen. Doch Zeitmanagement ist eigentlich der völlig falsche Begriff: Niemand kann seine Zeit managen. Die Zeit vergeht, ob man es will oder nicht. Ich kann nur mich selbst und meine Aufgaben managen. Und hier kann man den Bogen zum Selbstmanagement schlagen.

Und was genau verstehen Sie unter „Selbstmanagement“?

Selbstmanagement heißt: Was kann ich selbst tun, um das zu erreichen, was ich erreichen will. Das kann vielleicht ein anderer Umgang mit der Zeit sein, aber die Zeit selbst kann ich, wie gesagt, nicht managen.

Und wie genau kann ein Fahrlehrer ein guter Selbstmanager werden?

Wir können mit kleinen, schnellen Kniffen bereits kurzfristige Veränderungen schaffen. Viel besser ist es jedoch, wenn wir unsere jeweiligen Probleme bei der Wurzel packen und von Grund auf beispielsweise mehr Ruhe und Gelassenheit in den Tag zu bekommen und sich mehr Zeit für die Dinge zu nehmen, die einem wirklich am Herzen liegen. Ich darf mir für mich klar werden, was ich für mich will und was ich im Alltag erreichen will. Dann kann ich mir verschiedene Wege ansehen, wie ich es für mich lösen kann.

Und wo können Fahrlehrer da ansetzen?

Fahrlehrer lieben es, mit Menschen zu arbeiten. Sie brennen dafür, mit jungen Leuten auf der Straße unterwegs zu sein und ihnen im Theorieunterricht Wissen zu vermitteln. Sie brennen aber häufig nicht für den Bürokram. Das liegt einfach daran, dass Fahrlehrer Talenttypen sind, die einfach Lust darauf haben, mit Menschen zu arbeiten und dann haben Menschen immer Vorrang vor anderen, scheinbar unwichtigen Dingen wie Büroarbeit. Jetzt könnte man natürlich ansetzen und sagen: ,Du musst dich besser selbst disziplinieren, auch Büroarbeit gehört zu deinem Job! Wenn du Abends nach der Nachfahrt noch Zeit hast, dann musst du dich noch hinsetzen und Deine Buchhaltung machen.‘

Das kann aber nicht der richtige Weg sein? …

Der andere – und bessere – Weg wäre, zu sagen: Was an Aufgaben, die mir keinen Spaß machen, kann ich delegieren? Das heißt für Fahrlehrer: die Investition in eine Bürokraft ist die beste Investition, die diese Berufsgruppe tätigen kann. Klar ist das im ersten Moment mit Kosten verbunden. Aber man sollte in diesem Zusammenhang nicht von Kosten sprechen, sondern von einer Investition – und das ist ganz klar eine unternehmerische Entscheidung. Eine Bürokraft bedeutet eine Investition in einen gelassenen Feierabend, in Gesundheit, in den eigenen Freundeskreis. Das wird eine Investition sein, bei der Fahrlehrer schnell merken, dass sie sich mehr als auszahlt.
Das ist auch ein wichtiger Aspekt des Selbstmanagements: Denk mal weiter. Mit dem Delegieren geht man mehr in die Tiefe seines Problems und analysiert: Welche von den vielfältigen Aufgaben, die ein Fahrlehrer hat, kann ich an jemand anders weitergeben, will ich an jemand anderes abgeben. Das ist dann quasi eine Investition in einen selbst.

Eine Investition in sich selbst vergessen viele Unternehmer gerne. Häufig sind sie sehr gestresst und arbeiten den ganzen Tag lang bis zur Erschöpfung …

Viele Fahrlehrer sind gestresst, weil sie pausenlos arbeiten. Gerade weil sie nur in geringem Maße geregelte Arbeitszeiten haben und sich ihre Zeit frei einteilen können. Doch Fahrlehrer dürfen sich mal selbst beobachten: Wie arbeiten sie, wenn sie müde sind? Fahrlehrer erlauben sich nur selten eine Pause, weil sie dafür ´keine Zeit haben´. Aber Hand auf´s Herz: wie leistungsfähig und schnell sind Sie, wenn Sie völlig erschöpft sind? Inder Regel brauchen wir für unsere Aufgaben in einem müden Zustand deutlich länger, als wenn wir fit sind. Und so verschlingt „müde“ Arbeit unterm Strich mehr Zeit, als eine Pause dauern würde.

Wie können Fahrlehrer das in ihren Alltag umsetzen?

Für Fahrlehrer heißt das beispielsweise konkret: Sonntag ist frei. Keine Buchhaltung, kein Rechnung schreiben, kein Marketingplan. Unser Körper braucht einfach diese Zeit zum Erholen. Gönnt man sich Erholung, geht man mit neuer Motivation an die Aufgaben heran. So lassen sich die Dinge, die man vielleicht schon lange vor sich herschiebt, besser erledigen, als wenn man sich müde durch die Tage schleppt. Auch das ist wieder ein Teil des Selbstmanagements: Ich achte auf mich selber. Nicht mehr arbeiten und effizienter werden, sondern gezielt eine Pause machen, um wieder motiviert und leistungsfähig zu sein.

Viele Fahrlehrer bemerken schon gar nicht mehr, wann es Zeit ist, auf die Bremse zu treten. Wie realisiere ich, dass ich den gesunden Punkt eigentlich schon überschritten habe?

Ein guter Indikator ist: Wie schlafe ich Nachts? Viele Unternehmer fallen Abends todmüde ins Bett. Immer häufiger, nachdem sie ein bis zwei Gläschen Wein zum Runterkommen getrunken haben. Das ist mittlerweile leider ein verbreitetes Alltagsphänomen. Wenn ich aber dann nachts um drei Uhr hochschrecke, nicht mehr einschlafen kann und sich die Gedanken um das Unternehmen drehen, ist das ein deutlicher Indikator, dass es jetzt einfach zu viel ist. Ein weiterer guter Indikator ist: Wann habe ich das letzte Mal meine Freunde getroffen?

Gibt es noch ein Warnsignal?

Ein dritter Indikator – dann ist es aber fast schon zu spät – ist, wenn ich irgendwelche Zipperlein, beispielsweise im Rücken, habe und merke, ich müsste dringend mal zum Arzt gehen, finde aber einfach die Zeit nicht dafür Zeit. Unser Körper weiß ganz  genau, wann es eigentlich zu viel ist – aber wir hören häufig nicht auf ihn. Man sollte sich mal die Zeit nehmen und seinen Körper in Ruhe „scannen“, um Schmerzherde zu identifizieren und sich dann bewusst die Zeit nehmen, um zum Arzt zu gehen.

Nicht alle Menschen sind gleich – und nicht alle ticken gleich. Der eine liebt Excel-Tabellen, der andere lebt in einer „Schmierzettel-Wirtschaft“. Sie sagen, ein guter Selbstmanager darf zunächst schauen, welcher Talenttyp er ist. Könnten Sie das erklären?

Insgesamt gibt es vier Talenttypen: Auf der einen Seite den systematisch-analytischen auf der anderen Seiten den kreativ-chaotischen Talenttyp.  Jeder von uns hat von Natur aus verschiedene Talente und eine andere Art und Weise, wie er Aufgaben am liebsten anpackt, kommuniziert und Entscheidungen trifft.

Was zeichnet den kreativ-chaotischen Typen aus?

Die kreativen Chaoten lassen sich einteilen nach „Ideensprudlern“ und „Empathen“. Die Ideensprudler probieren ständig neue Dinge aus. Wenn es beispielsweise eine neue Trendsportart gibt, sind sie die ersten, die sie versuchen. Fahrlehrer, die neue Lehrmaterialien oder Technologien sofort ausprobieren möchten, fallen in diese Kategorie.
Der zweite kreativ-chaotische Typ ist der Empath, der Unterstützer, der wahnsinnig große Lust hat, mit Menschen zu arbeiten und Menschen zu unterstützen. Er mag es, Menschen wachsen zu lassen und ihnen etwas beizubringen. Bei den Fahrlehrern ist das derjenige, der mit Leidenschaft im Auto sitzt und gerne auch zum 136. Mal sagt „Du hast vergessen, den Blinker zu setzen!“. Er besitzt eine große Ruhe in sich und will seinen Schüler immer unterstützen.

Und woran erkennt man den systematisch-analytischen Talenttypen?

Da gibt es auf der einen Seiten den Systematiker. Er ist sehr ordentlich und legt großen Wert auf Bewährtes und Routinen. Das ist ein Fahrlehrer, der seine Fahrstunde über Wochen im Voraus vergibt. Er liebt Pläne, liebt es auch, sich daran zu halten und kommt ordentlich in Stress, wenn die Schüler anfangen, ihm seine geplanten Fahrstunden umzuschmeißen. Er setzt seit vielen Jahren auf seine bewährten Methoden im Theorieunterricht und sieht keinen Grund, daran etwas zu ändern.
Dann gibt es noch den Analytiker. Er legt großen Wert auf Zahlen, Daten, Fakten. Der liebt es, wenn es messbar zugeht und mag es in der Kommunikation kurz und knapp auf den Punkt.

Warum macht diese Einteilung Sinn?

Beim klassischen Zeitmanagement heißt es: Mach Dir eine To-Do-Liste, vergib Prioritäten und arbeite das ganze peu à peu ab. Für die systematisch-analytischen Typen ist das kein Problem. Doch die kreativ-chaotischen Talenttypen haben damit ihre Schwierigkeiten: Die würden schnell in einer Aufgabenflut versinken und an eine Priorisierung ist da schon gar nicht mehr zu denken. Dann ist der Stress bereits da, bevor der richtige Stress kommt. Dennoch sollten kreativ-chaotische Typen alles aufschreiben, was ihnen in den Kopf fährt. Denn aufschreiben befreit und macht ruhiger. Doch, nur weil es aufgeschrieben ist, heißt es nicht, dass man es auch tun muss. Die kreativ-chaotischen Typen haben meist ganz viele „Könnte“-Punkte auf der Liste. Sie schreiben also eher eine „Could-Do“-Liste. Und das schafft bei vielen schon einmal Erleichterung: Ich muss es nicht tun.

Wie kann ich meine „Could-do-Liste“  am besten aufbauen?

Ich empfehle gerne die „Reisende To-do-Sammlung“. Das kann ein Heftchen, Schmierzettel, eine App oder ähnliches sein – losgelöst vom Kalender – wo Fahrlehrer alles aufschreiben können, was ihnen durch den Kopf schießt. Und dann gehen sie die Liste, wenn sie diese abarbeiten wollen, bewusst durch: Was kann ich heute tun, weil es mich oder mein Unternehmen Fahrschule weiterbringt. Beispielsweise eine Anzeige schalten für „Fahrstunden als Weihnachtsgeschenk“.

Nach welchen Kriterien kann man noch selektieren?

Eine andere Frage kann auch sein: Wo brennt was an, wenn ich es nicht tue. Beispielsweise kann es teuer werden, wenn man die Steuererklärung nicht rechtzeitig abgibt. Doch hier muss man wieder daran denken: Nicht alles, was wir tun müssen, muss ich selber tun. Man kann seine Steuererklärung auch wunderbar an einen Steuerberater delegieren.

Viele Fahrlehrer haben tolle Ideen, wie sie sich und ihre Fahrschule weiterbringen und von der Konkurrenz absetzen können. Gerade bei den kreativ-chaotischen Typen scheitert es aber oft am Weg vom Kopf in die Realität. Können Sie hier ein paar Tipps geben?

Die kreativ-chaotischen Talenttypen sollten sich eine Zeitinsel – beispielsweise einmal die Woche oder einmal im Monat – schaffen, wo sie kreative Ideen ganz gezielt mit Leben füllen. Sie sollten sich einen Vormittag suchen, an dem erfahrungsgemäß weniger Schüler kommen und diesen künftig bewusst freihalten, um ihre Ideen in die Tat umzusetzen.

Warum ist eine solche Zeitinsel so wichtig?

Das ist so wichtig, weil tolle Ideen häufig nicht an mangelndem Umsetzungswillen, sondern an der Zeit scheitern. Hier muss der Fahrschulunternehmer abwägen: Sicherlich generiert der Stundenausfall, wenn ich mir einen Vormittag blocke, Umsatzverluste. Der Fahrschulunternehmer muss sich aber klarmachen: In diesen drei Stunden entwickle ich Dinge weiter, mit denen ich danach leichter Umsatz mache. Hier gibt es einen schönen Satz: Für einen Unternehmer ist es besser, an seinem Unternehmen zu arbeiten statt in seinem Unternehmen.

Was muss ich im nächsten Schritt tun?

Danach darf sich der Fahrschulunternehmer überlegen, was er konkret tun muss, um seine Idee mit Leben zu füllen. Im dritten Schritt darf man sich dann selbst einbremsen und sich vornehmen: Mach es unperfekt. Denn oftmals scheitert die Umsetzung am eigenen Perfektionismus. Hier ist es hilfreich, sich selbst eine bestimmte Zeit aufzuerlegen, die man für diese Aktion brauchen möchte. Wenn ich beispielsweise einen Flyer gestalten will, nehme ich mir zwei Stunden Zeit, um diesen Folder zu machen und dann höre ich auch auf. Es gehört ein bisschen Mut dazu, unperfekt zu sein – aber es wird sich lohnen.

Das Interview führte "Fahrschule"-Redakteurin Constanze Meindl

 

Zur Person:

Cordula Nussbaum, Jahrgang 1969, langjährige Wirtschaftsjournalistin und mehrfache Buchautorin gilt als „Deutschlands bekannteste Organisations-Expertin“ (WDR). Sie arbeitet seit vielen Jahren als Trainerin, Business-Coach und Speakerin. Als zweite Frau im deutschsprachigen Raum ist sie mit dem Certified Speaking Professional (CSP) ausgezeichnet. Stiftung Warentest kürte ihren Bestseller „Organisieren Sie noch oder leben Sie schon? Zeitmanagement für Kreative Chaoten“ zum Testsieger unter den aktuellen Zeitmanagement-Ratgebern. In ihrer Freizeit geht die zweifache Mutter gerne segeln, tauchen und auf Reisen.

Welcher Talenttyp bin ich?

Um ein guter Selbstmanager zu werden, darf man wissen, welcher Talenttyp man ist. Einen Gratis-Check mit passenden Zeit- und Selbstmanagementtipps gibt es auf der Homepage von Cordula Nussbaum: www.kreative-chaoten.com

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