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„Solche Verbote machen uns Sorgen“

15.03.2018 13:50 Uhr
Sabine Darjus begrüßte Fahrlehrer, Aussteller und Gäste zur diesjährigen Mitgliederversammlung
© Foto: Tobias Rauser

Durchfallquoten, Dieselfahrverbote und die Zukunft der Mitgliederversammlung – nur drei Themen, die der Fahrlehrerverband Hamburg auf seiner Jahrestagung diskutierte.

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Vor einem Jahr gab es in Hamburg auf der Mitgliederversammlung des Fahrlehrerverbandes (fast) nur ein Thema: die massiven Probleme bei der Vergabe von Prüfungsplätzen und die daraus folgende heftige Kritik am TÜV Hanse. Personalmangel und Krankmeldungen führten zu katastrophalen Wartezeiten und sorgten für Unmut in Öffentlichkeit und Fahrlehrerschaft. Um den Aufreger des vergangenen Jahres ist es nun etwas ruhiger geworden. „Die Situation hat sich entspannt“, stellte Sabine Darjus, Vorsitzende des Fahrlehrerverbandes Hamburg, fest. Das Engagement ihres Verbandes habe sich gelohnt. „Wir haben die Muttergesellschaft von TÜV Hanse informiert, die Innenbehörde eingeschaltet und sogar Theorieprüftermine für Verbandsfahrschulen organisiert“, resümierte sie.

Alle Beteiligten hätten intensiv gearbeitet, berichtete auch Bernd Krösser, Staatsrat der Behörde für Inneres und Sport, den rund 120 Teilnehmern der Mitgliederversammlung im Hotel Lindtner in Hamburg-Harburg. „Wir können den Fahrschulen in angemessener Zeit wieder Termine zur Verfügung stellen“, sagte er.

Auch Hero Wilters, Geschäftsführer von TÜV Hanse, und vor einem Jahr noch im Zentrum der Kritik, zeigte sich in guter Stimmung: „Wir sind wieder in der Spur“. Wilters kündigte an, dass sich die Lage im Laufe des Jahres 2018 nochmal „deutlich verbessern werde“. Er überbrachte auch Neuigkeiten von den ersten Tests der Online-Service-Lösung für Fahrschulen. „Wir testen die neue Software und planen, sie Anfang April auf ganz Hamburg auszurollen“, so der Geschäftsführer. Das neue System will TÜV Hanse den Fahrlehrern auf entsprechenden Veranstaltungen erläutern.

Ein Problem, mit dem sich Fahrlehrer in der nächsten Zeit wohl verstärkt auseinander setzen müssen, sind Dieselfahrverbote. „Solche Verbote machen uns Sorgen“, sagte Sabine Darjus. „Wir brauchen einfache Lösungen für Fahrlehrer, die noch mit Diesel-Fahrzeugen in Euro 5 auf Hamburger Straßen unterwegs sind.“

Auch Staatsrat Krösser nahm sich des Themas Fahrverbote an: „Es kann durchaus sein, dass wir in Zukunft für Euro-5-Dieselfahrzeuge auf bestimmten Strecken Fahrverbote aussprechen müssen.“ Auch auf solche Themen müssten Fahrschulen ihre Schüler in Zukunft vorbereiten.

Kurt Bartels, 2. Stellvertretender Vorsitzender der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände, appellierte an die Politik und die Industrie: „Der Dieselskandal hat direkte Auswirkungen auf uns Fahrlehrer. Wir haben einen Wertverlust bei den Fahrzeugen zu verkraften – und finden keine adäquaten Angebote und Alternativen.“

In seinem Vortrag über die Auswirkungen der Reformen zu Beginn des Jahres, hielt Bartels fest: „Nach der Reform ist vor der Reparatur.“ In vielen Bereichen sei schon jetzt klar, dass nachgearbeitet werden müsse. Bartels forderte, die Überwachung in den Bundesländern untereinander anzugleichen – und unter die Überschrift „Qualitätssicherung statt Überwachung“ zu stellen. Auch müsse die pädagogische und fachliche Überwachung von geeigneten Personen durchgeführt werden. Bartels hob die Chancen hervor, die Fahrschulen durch die erweiterten Möglichkeiten bei Kooperationen geboten werden. Auch die ersten Erfahrungen mit der neuen Fahrlehrerausbildung seien ermutigend: „Das wird sehr gut angenommen, viele Ausbildungsstätten melden gute Anmeldezahlen.“  

Am Herzen lag Kurt Bartels vor allem das Thema Fahrerassistenzsysteme/Automatisiertes Fahren. „Hier müssen wir umdenken, das Thema muss  2018 ganz hautnah von jedem Fahrlehrer angegangen werden“, forderte er. „Wir wollen, dass junge Menschen diese Systeme lernen und dass das auch Teil der Prüfung wird.“ Auch Sabine Darjus betonte, wie wichtig es sei, die Fahrschüler schon jetzt in den Fahrerassistenzsystemen auszubilden:  „Das ist der erste Schritt, den wir als Fahrlehrer jetzt gehen müssen.“

Um über die Situation beim Landesbetrieb Verkehr (LBV) in Hamburg zu berichten, waren Andreas Schorling (stellvertretender Geschäftsführer), Markus Behrendt (Leiter der Abteilung Fahrerlaubnis Hamburg-Mitte) und Rainer Callsen (Fahrschulüberwachung) zur Mitgliederversammlung gekommen. Schorling lehnte den Wunsch einiger Fahrlehrer ab, bei der nach dem neuen Fahrlehrerrecht anstehenden Gesundheitsprüfung die betroffenen Fahrlehrer durch ein Schreiben zu informieren. „Das fällt meiner Meinung nach in die Verantwortlichkeit des Fahrlehrers selber“, sagte Schorling.

Behrendt berichtete, dass im Jahr 2017 vor allem die Umschreibungen von Führerscheinen aus Drittstaaten deutlich zugelegt hätten – um rund 50 Prozent. Auch bei den Erweiterungen gab es ein Plus von 6,45 Prozent, während die Zahlen bei BF17 um 5,6 Prozent zurückgingen.

Ein wichtiges Thema für den LBV sind die hohen Nicht-Bestehensquoten. Diese lagen im Jahr 2017 bei 37 Prozent (Theorie) und 41,6 Prozent (Praxis). Damit liegt Hamburg auch im bundesweiten Vergleich in der Spitzengruppe. Einen Grund dafür nannte Peter Rupp von TÜV Nord Mobilität: „In Ballungsräumen sind die Nichtbestehens-Quoten immer höher als auf dem platten Land.“

Der LBV will die hohen Quoten dennoch so nicht stehen lassen. „Solche Quoten können ein Hinweis auf Defizite in einer Fahrschule sein“, sagte Callsen. Im Fokus seiner Behörde: die mangelnde Prüfungsreife der vorgestellten Fahrschüler. Der LBV kündigte vier Maßnahmen an, von denen die ersten beiden bereits umgesetzt wurden: Zu Beginn steht ein Anschreiben an die Fahrschulen, die zu den zehn Prozent der Fahrschulen mit den höchsten Nicht-Bestehensquoten in Theorie und Praxis in Hamburg gehören. Dann werden die  Antworten mit den Erklärungen ausgewertet. In Zukunft soll dann in einem weiteren Schritt eine gesonderte und gebührenpflichtige Fahrschulüberwachung erfolgen. Abschließend könne die Fahrerlaubnisbehörde eine Auflage zur erforderlichen Dokumentation der Prüfungsreife erteilen. 

Auf großes Interesse der Anwesenden stieß der Vortrag von Rainer Callsen, der über seine Überwachungstätigkeit informierte. Bei der Formalüberwachung waren 31 von 54 Fahrschulen ohne Mängel. Ein Problem sind aus seiner Sicht Beleuchtungsfahrten, die zu früh am Tag beginnen. Bei der Seminarüberwachung konstatierte Callsen „keine besonderen Vorfälle“. Die Ergebnisse seiner Fahrschulüberwachung der Theorie in 2017: Von 33 Überprüfungen gab es 14 ohne Beanstandungen. „Vor allem die Zusammenfassung am Ende der Stunde und ein Hinweis auf das Eigenstudium fehlten in vielen Fällen“, sagte Callsen.

Stefan Kottwitz, Mitglied des Vorstands der Fahrlehrerversicherung, hatte den Teilnehmern der Mitgliederversammlung die aktuellen Zahlen den Branchenversicheres mit nach Hamburg gebracht. Die Anzahl der Kunden der Versicherung ist im vergangenen Jahr gesunken (um 1,5 Prozent), beim Vertragsbestand hingegen gab es ein leichtes Plus (um 0,2 Prozent). „Die Anzahl der Schäden lag auf Vorjahresniveau“, sagte Kottwitz. Sorgen bereitet der Versicherung weiterhin das Kapitalanlage-Ergebnis – ein Trend, der dem Markt und der Zinsentwicklung geschuldet ist. Insgesamt erwartet die Fahrlehrerversicherung für das Jahr 2017 ein leicht positives Jahresergebnis. Konkret: 700.000 Euro Gewinn, der komplett ins Eigenkapital der Versicherung fließt. „Wir sind sehr gut für die Zukunft aufgestellt“, fasste Kottwitz zusammen.

Bernd Nentwig präsentierte den Hamburger Fahrlehrern Neuigkeiten von Audi. Im Fokus stand unter anderem der Audi A8 – zwar kein klassisches Fahrschulauto, aber der Technologieträger des Konzerns. „Das Fahrzeug hat 41 Assistenzsysteme, die nach und nach auch in die Fahrzeuggruppen darunter ausgespielt werden“, sagte Nentwig. Zudem setze das Fahrzeug Maßstäbe beim Thema Automatisiertes Fahren. Der Audi A6, der Audi A1 und der Audi Q3 werden im Herbst in den Markt eingeführt.

Mit einem sehr zukunftsträchtigen Thema beschäftigten sich die Mitglieder zum Abschluss des Tages: Wie soll die Mitgliederversammlung der Zukunft aussehen? Fakt ist, stellte die Vorsitzende Sabine Darjus fest: „Es wird immer schwieriger, Aussteller zu finden und eine solche Veranstaltung wie hier in Hamburg zu stemmen.“ Sie stellte eine Initiative der „Nordverbände“ vor (Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen, Hamburg), die in Zukunft in vielen Bereichen gemeinsame Sache machen wollen. „Wir wollen im Fortbildungsbereich enger zusammenrücken“, kündigte Darjus an. Konkret bedeutet das: Ein gemeinsamer Fortbildungskalender schon im kommenden Jahr. Auch wollen die fünf Verbände einige Informationen auf ihren Homepages bündeln.

Über die wichtigste Neuerung im Rahmen der geplanten Zusammenarbeit mussten die Mitglieder entscheiden: Sollen die Nordverbände statt einzelner Mitgliederversammlungen eine große Veranstaltung aller fünf Verbände planen, auf der es einen gemeinsamen Teil und eine gemeinsame Ausstellung gibt? Die nach Satzung vorgeschriebenen eigenen Versammlungen der fünf Verbände würden dann danach oder davor parallel in separaten Räumen stattfinden. Die Mitgliederversammlung soll wie bisher an einem Samstag über die Bühne gehen. Zusätzlich ist angedacht, den Mitgliedern am Vortag einen attraktive Veranstaltung zu bieten.

In der Diskussion um die neue Form der Mitgliederversammlung wurde über die längere Anreise diskutiert und die Frage gestellt, ob die lokale Politik den Weg in ein anderes Bundesland antreten würde. Auf der Pro-Seite standen die bessere Basis für eine große Ausstellung für dann 600 bis 700 Fahrlehrer, niedrigere Kosten, die Möglichkeit, hochkarätige Redner zu gewinnen und der Austausch mit Kollegen aus anderen Bundesländern. Nach der Diskussion waren sich alle Mitglieder des Fahrlehrerverbandes dann einig: Einstimmig (mit einer Enthaltung) beschlossen die Fahrlehrer, dass sich der Vorstand für eine gemeinsame Mitgliederversammlung der fünf Verbände schon im Jahr 2019 stark machen soll.

(Tobias Rauser)



Mitgliederversammlung Hamburg 2018

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