Mainz (dpa/lrs) - Die Speicherung von erneuerbaren Energien wird durch die Energiewende mit dem schrittweisen Abschied fossiler Energien aus Öl, Gas und Kohle zur zentralen Aufgabe. Das bidirektionale Laden - das Laden in zwei Richtungen - rückt damit zunehmend in den Fokus.
Das Mainzer Unternehmen Ambibox ist Spezialist für diese Technik. Die rheinland-pfälzische Energieministerin Katrin Eder (Grüne) nennt das Unternehmen einen Hidden Champion, der mit seiner Technik die Stromnetze entlastet und für günstige Strompreise sorge. Das Potenzial sollte auch in Deutschland genutzt werden.
Um was geht es dabei? Welche Potenziale stecken im bidirektionalen Laden für die Stromversorgung?
Mit einer bidirektionalen Wallbox können Elektroautos, die von Fahrzeughersteller für diese Technik vorbereitet sind, nicht nur Strom für den eigenen Betrieb speichern. Möglich ist auch, Strom auch in den Haushalt oder das Stromnetz zurückspeisen.
Unterschiedliche Varianten
Beim bidirektionalen Laden gibt es nach Angaben des ADAC verschiedene Varianten. Bei Vehicle-to-Home (V2H) lässt sich das Elektroauto als flexible Stromquelle für das Haus nutzen. Überschüssiger Strom aus der Solaranlage wird im Elektroauto gespeichert und versorgt abends Geräte oder entlastet bei Stromausfällen.
Bei Vehicle-to-Grid (V2G) speisen Elektroautos Energie zurück ins öffentliche Stromnetz. Sie werden zu einer Art virtuellem Kraftwerk zusammengeschaltet und gleichen Netzschwankungen aus. Dadurch helfen Elektroautos, erneuerbare Energien besser zu integrieren und werden zu flexiblen Bausteinen einer stabilen Stromversorgung, erklärt der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC).
Bei Vehicle-to-Building (V2B) dienen Elektroautos als flexible Energiespeicher für Gebäude. So werden Lastspitzen abgefedert und Energiekosten reduziert.
Nutzung für die eigenen vier Wände in Deutschland
Deutschlands größter Energieversorger Eon hatte in einer Analyse jüngst davon gesprochen, dass Anfang 2025 in Deutschland mehr als 225.000 Autos zugelassen waren, die technisch für bidirektionales Laden vorbereitet gewesen seien. Nach Einschätzung von Ambibox-Gründer und -Geschäftsführer Manfred Przybilla sind mittlerweile rund eine halbe Million Elektrofahrzuge unterwegs, die mit bidirektionalem Laden ausgestattet sind.
Der ADAC hat im Internet eine Liste zusammengestellt mit Autos, die "zumindest theoretisch" eine Variante des bidirektionalen Ladens beherrschen oder auf sie vorbereitet sind. Nach Einschätzung des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) ist dabei die Sorge unberechtigt, dass die Batterien des Autos dadurch schneller kaputtgehen könnten.
Die besten Chancen rechnet sich Ambibox mit seiner Technik derzeit im Vehicle-to-Home-Markt aus, also der Selbstversorgung von Privatpersonen für ihren Strombedarf zu Hause. Je größer die Solaranlage auf dem Gebäude, desto mehr Potenzial hat die Energiegewinnung mit Einbeziehung des E-Autos, lautete dabei die Faustformel.
Mit der speziellen Software der Wallboxen ist es möglich, sowohl die Ladeleistung als auch den abgebenden Strom zu regulieren. Damit soll den Menschen die Sorge genommen werden, dass das Fahrzeug gerade am Entladen ist, wenn es in einem dringenden Fall gefahren werden muss.
Rückenwind von ADAC, Energieagentur und Land
Spürbare Unterstützung für die E-Autos als mobile Energiespeicher kommt auch vom ADAC, der Energieagentur Rheinland-Pfalz sowie der Landesregierung. Das Stromnetz brauche permanent eine gewisse Frequenz, um stabil zu funktionieren. Beim Umsteigen auf die erneuerbaren Energien sei neben dem Lastmanagement die Nutzung von Speichern absolut notwendig, sagte eine Sprecherin der Energieagentur.
"Diese werden wir in mobiler Form millionenfach in Deutschland haben: als Elektroautos." Immer mehr Fahrzeuge werden künftig bidirektional laden können oder könnten dies bereits. Auch würden inzwischen entsprechende Ladestationen für den privaten Bereich angeboten, weitere Hersteller seien kurz vor dem Marktzugang, sagte die Sprecherin.
Der Vorstand Verkehr und Technik beim ADAC Mittelrhein, Peter König, nennt das bidirektionale Laden einen entscheidenden Schritt in Richtung einer nachhaltigeren und effizienteren Energiezukunft. "Wir sehen schon heute, dass immer mehr Kommunen ihre Elektrofahrzeuge wie einen Schwarmspeicher nutzen, in dem überschüssige erneuerbare Energie zwischengespeichert und später bei Bedarf wieder entnommen werden kann."
Die Vehicle-to-Grid-Methode helfe dann, die an einigen Orten bereits überlasteten Stromnetze zu entlasten und damit die Versorgungssicherheit zu erhöhen. Gleiches gilt dann auch in der Vehicle-to-Home-Version für Betriebe und Privatpersonen, die den Strom ihrer Photovoltaik-Anlagen vor Ort in ihren eigenen Batteriespeichern speichern und später selbst nutzen können.