Frankfurt (dpa/lhe) - Nach einem schweren Unfall auf der Autobahn kann der schnelle Einsatz von Rettungskräften Leben retten - doch immer wieder werden Helfer von Gaffern behindert, die obendrein selbst zum Unfallrisiko werden. Die Beweggründe dafür seien vielfältig, sagt der Verkehrspsychologe Patrick Grieser aus Frankfurt - und spricht sich auch für härtere Strafen aus, um Gaffer in die Schranken zu weisen.
Mechanismus ähnlich wie bei Horrorfilmen
Ähnlich wie bei Horrorfilmen fühlten sich manche Menschen besonders angezogen von ungewöhnlichen oder abscheulichen Dingen, sagt Grieser. Hinzu komme eine menschliche Neigung, immer auch "das Ende einer Geschichte" hören oder sehen zu wollen. Potenzielle Gaffer passierten Unfallstellen deshalb ganz langsam oder hielten sogar an, um möglichst viele Informationen zu erfassen zu Fragen wie: Was passiert mit den Verletzten? Überleben sie den Unfall? Kommen sie ins Krankenhaus?
Dieser Drang sei gar nicht so ungewöhnlich. Viele Menschen schauten nach solchen Erlebnissen auf der Autobahn anschließend im Internet nach, was eigentlich passiert, was die Gründe dafür waren und wie es ausgegangen ist. Ungewöhnliche Ereignisse, die von gängigen Mustern abweichen, lösten bei vielen Menschen auch die Fragen nach dem Warum aus, so Grieser.
Suche nach Aufmerksamkeit hat deutlich zugenommen
Deutlich zugenommen habe auch das Phänomen, dass Menschen in solchen Situationen selbst die Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollen. Sie fühlten sich im Mittelpunkt, wenn andere sie beobachten und wenn sie das Ereignis fotografieren oder filmen und sich damit im Internet präsentieren könnten. Wenn sie dafür noch Clicks oder Likes erhielten, sei das eine Bestätigung ihres Verhaltens. Gaffen und das Ausleben der Sensationsgier könne zudem auch ablenken von eigenen Problemen oder Sorgen.
Experte fordert härtere Strafen für Gaffer
Grieser spricht sich für eine konsequentere Ahndung des Gaffens aus. Bei illegalen Autorennen beispielsweise könnten auch Fahrverbote inklusive Medizinisch-Psychologischer Untersuchung verhängt werden - "das würde ich mir eigentlich auch für die Gaffer wünschen, weil dann würde tatsächlich ein Umdenken stattfinden", sagt Grieser. Dabei wäre wichtig, klar zwischen echten Gaffern und solchen Autofahrerinnen und -fahrern zu unterscheiden, die nur langsam in einem Rückstau an einer Unfallstelle vorbeifahren. Wenn jemand an einer Unfallstelle sein Handy heraushole und filme, wie etwa ein Schwerverletzter behandelt wird und das auch später ins Netz stelle, sei der Fall klar.