Telefoniert ein Fahrlehrer während einer Fahrstunde mit dem Mobiltelefon, kann ihm kein Bußgeld wegen unerlaubten Telefonierens am Steuer auferlegt werden. Das hat jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf in zweiter Instanz festgestellt. Denn, so heißt es in der Urteilsbegründung, der Fahrlehrer gelte nicht als Führer eines Kraftahrzeugs, wenn er auf dem Beifahrersitz sitzt und in keiner Weise aktiv in den Straßenverkehr eingreift.
Verführerisch ist es irgendwie schon: Während der Fahrstunde, in der es gerade gut läuft, mal eben das eine oder andere Telefonat zu erledigen und so die Pause oder den Feierabend verlängern zu können. Und jetzt ist es ja hochrichterlich abgesegnet. Aber ist es das wirklich? Die Richter sagen, der Fahrlehrer gilt in punkto Mobiltelefonie dann nicht als Führer des Kraftahrzeugs, wenn er auf dem Beifahrersitz in keiner Weise in den Straßenverkehr eingreift. Das heißt: Muss der Fahrlehrer nun doch mal in die Eisen steigen, werden die 60 Euro (plus Gebühren) und der Punkt in Flensburg fällig.
Das Urteil sagt auch nichts darüber aus, was geschieht, wenn ein Unfall passiert, während der Fahrlehrer telefoniert – ob er ihn nun ohne Telefon hätte verhindern können oder nicht. Hier dürfte es ähnlich sein, wie bei der Thematik „Badelatschen im Auto“. Auch die sind nicht per se verboten. Wer sich so beschuht ans Steuer setzt, muss bei einem Unfall aber damit rechnen, dass die Versicherung den Schaden nicht komplett bezahlen will. Das wird dann weit teurer als 60 Euro plus Gebühren. Vom Imageschaden für die Fahrschule, wenn etwas passiert, während der Fahrlehrer telefoniert, mal ganz zu schweigen.
Fakt ist auch, dass die jungen Menschen heute weitaus kritischer sind als das noch vor einigen Jahren der Fall war. Früher nahm es kaum ein Schüler krumm, wenn der Fahrlehrer zum Beispiel während der Fahrstunde geraucht oder die Fahrstunden regelmäßig genutzt hat, um zu irgendwelchen Geschäften zu fahren, in denen er schnell etwas einkaufen wollte. Heute wollen junge Menschen als Kunden wahrgenommen und wertgeschätzt werden. Das heißt, sie erwarten auch, dass der Fahrlehrer ihnen in der Fahrstunde, die sie bezahlen, uneingeschränkt zur Verfügung steht. Für sie ist das eine Frage des Respekts.
Ob er in der Fahrstunde zum Telefon greift oder nicht, ist die Entscheidung jedes einzelnen. Aber es macht Sinn, vorher abzuwägen, ob das Telefonat die negativen Auswirkungen wert ist.
(Editorial von Sylke Bub, Chefredakteurin der Fahrschule; Fahrschule 9/2014)